Juristische Methodenlehre

  1. Aus welchen Prämissen besteht ein sog. "juristischer Syllogismus" ?
    • 1. Prämisse:
    • Obersatz, eine Zusammenstellung aller in Frage kommenden Normen.
    • 2. Prämisse:
    • Subsumtion (Semantische Interprataion der Norm)
    • (3.Konklusion)
  2. Was bedeutet die semantische Interpretation eines gesetzlichen Ausdrucks?
    Es geht darum, die Bedeutung des gesetzlichen Ausdrucks zu ermitteln, die anschließend festgelegt wird.
  3. Wie könnte eine semantische Interpreation gerechtfertigt werden?
    Unterscheidung Interne und Externe Rechtfertigung:

    • Die interneRechtfertigung bezieht sich auf ein deduktiv begründbares und objektiv nachvollziehbares logisches Schlussverhältnis, das sog. deduktive Hauptschema.
    • Die externe Rechtfertigung, d.h. die Aufstellung der oben zugrundegelegten Prämissen, kann nicht immer vollständig logisch bewiesen werden. Dafür kann das deduktive Begründungsschema aber alle zugrundegelegten Prämissen und deren Wertung bewusst und damit zumindest subjektiv überprüfbar
    • machen, so dass es u.a. "durch die Forderung
    • eines spezifischen Zusammenhangs zwischen Prämissen und Konklusion die Verbindlichkeit der Kritik an vorhandenen Prämissen oder
    • am Fehlen von Prämissen" sichert.
  4. Welche Rolle spielt die semantische Interpretation im Syllogismus?
    Diese schließt die Kluft zwischen dem gesetzlichen Ausdruck und der Sachverhaltsbeschreibung.
  5. Welche Eigenschaft hat eine logische Folgerungsbeziehung?
    Die Folgerungsbeziehung schließt es aus, dass der gefolgerte Satz, die Konklusion, falsch ist, während der Satz, aus dem er folgt, die Prämisse(n), wahr ist (sind).
  6. Beschreibe das semiotische Dreieck:

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    • Die Welt besteht aus Gegenständen, Sachverhalten, Ereignissen usw.
    • Diese sind wirklich und bestimmen alles, was geschieht. Das Symbol für ein Einzelnes davon steht in den folgenden Dreiecken rechts und bedeutet vereinfacht: Ding oder „was Sache ist“.Wenn der Mensch ein Ding bemerkt oder sich vorstellt, macht er sich ein gedachtes Bild davon. Das Symbol dafür steht in den folgenden Dreiecken oben und bedeutet: Begriff oder „was man meint“.Wenn Menschen mit diesen Begriffen von Dingen reden, so verwenden
    • sie Zeichen (meist hörbar, gelegentlich auch sichtbar oder anders wahrnehmbar). Das sind Wörter (auch Bezeichnungen, Benennungen, Symbole oder Ähnliches). Das Symbol dafür steht in den folgenden Dreiecken links und bedeutet: Wort oder „was man dazu sagt“.Ding, Begriff und Wort sollen eindeutig zusammengehören. Das gelingt nicht immer, vielmehr muss man immerzu aufpassen, ob der eben verwendete Begriff das betrachtete Ding richtig erfasst, ob das eben
    • verwendete Wort den gemeinten Begriff trifft, und sogar ob das eben betrachtete Ding überhaupt eins ist und nicht etwa einige oder gar keins. Passen die drei Ecken nicht zueinander,so entstehen leicht die fundamentalsten Verwechslungen.
  7. Demonstration des semiotischen Dreiecks an Hand des "Nierenfalles"
    • Sprachliches Zeichen: „wichtiges Glied”
    • Intension (Begriff): „wichtiger Körperteil, der mit dem Körper durch ein Gelenk verbunden ist”.
    • Extension: Alle Körperteile, die die Intension erfüllen.
  8. Wie definieren Vertreter des semantischen Normbegriffs die Norm?
    Die „Norm” ist die Bedeutung eines Normsatzes.
  9. Unterschiede zwischen Normsatz und Aussagesatz
    • Normen sind:
    • sind präskriptiv
    • weder wahr noch falsch
    • weder verifizierbar noch falsifizierbar
    • jede Norm wird von einem Subjekt durch einen Willensakt erzeugt
    • Eine Norm kann in einem Normensystem gelten, in einem anderen aber nicht.
    • Zwischen Normen gibt es keine logischen Widersprüche,aber es können deontischeWidersprüche(Normenkonflikte) auftreten
    • Aussagen:
    • sind deskriptivsind
    • wahr oder falsch
    • können verifiziert oder falsifiziert werden
    • sind subjektunabhängig
    • gelten absolut
    • Es kann nicht zugleich p und nicht-p gelten
  10. Beschreibe Humes Gesetz
    • Ein Normsatz kann nur aus einer Klasse von Prämissen gewonnen werden, in der wenigstens ein Normsatz enthalten ist.(„Sollen folgt nicht aus Sein”)
    • Aus einer Klasse von Prämissen, die nur Normsätze, aber keinen Aussagesatz enthält, kann kein Aussagesatz als Folgerung gewonnen werden.(„Sein folgt nicht aus sollen.”)
  11. Was ist das kontradiktorische Gegenstück zu einem Gebot?
    Freistellung
  12. Was ist das kontradiktorische Gegenstück zu einem Verbot?
    Erlaubnis
  13. Verhalten sich Gebot und Verbot kontradiktorisch oder konträr zueinander?
    • konträr
    • Beide können zusammen nicht wahr, wohl aber falsch sein.
  14. Beschreibe die 4 Canones der Auslegung
    • Wortsinn:
    • Die Bedeutung eines Wortes wird durch die Sprachkonvention fixiert. (Art und Weise der Verwendung)
    • Kontext:
    • Ist ein Wort mehrdeutig, so soll unter Berücksichtigungdes Kontextes die eine maßgebliche Bedeutung ermitteltwerden.
    • Regelungsabsicht des Gesetzgebers:
    • --> Historische Auslegung
    • Aus den Quellen soll auf den Gehalt des Gesetzes geschlossen werden.
    • Zweck des Gesetzes (objektive teleologische Auslegung):
  15. Welche Schwierigkeiten enthät die objektive teleologische Auslegung
    • Ist der Ausdruck “Zweck des Gesetzes” sinnlos?
    • Kann ein Gesetz einen Zweck verfolgen?
    • Handelt es um eine verdeckte Zwecksetzungsbefugnis von Justiz und Verwaltung?
    • Und die Gesetzesbindung?
  16. Streit um die Rangordnung der Canones:
    Zwischen subjetkiv teleologisch und objektiv teleologisch
    „Subjektive": Wille des historischen Gesetzgebers.

    • „Objektive”: Ruht der sachliche Gehalt des Gesetzes in ihm selbst und in seinen Worten, als Wille des Gesetzes, als objektiver Sinn, der unabhängig ist von dem subjektiven Meinen und Willen des Gesetzgebers…” (K. Engisch)
    • Ohne Methaphorik: Es geht um vernünftige Zwecke
  17. Mögliche Entscheidung des Streits über die Rangordnung der Canones
    • Argumente gegen die subjektive Auslegung
    • Das Willensargument: Es gibt keinen einheitlichen Willen in den modernen gesetzgebenden Körperschaften.
    • Das Formargument: Nur das, was der Adressat erkennen könne, darf Gesetzesinhalt sein.
    • Das Vertrauensargument: Nur das, was der Adressat erkennen könne, darf Gesetzesinhalt sein.
    • Das Ergänzungsargument: Bei Bindung an die gesetzgeberischen Zwecke sei eine Anpassung des Gesetzes an veränderte Verhältnisse nicht möglich.
    • Ergo: Die objektive Auslegungstheorie ist zu präferieren!
  18. An welche Voraussetzungen ist eine Rechtsfortbildung gebunden?
    • Vorliegen einer Gesetzeslücke, die nicht anders geschlossen werden kann.
    • „Eine Gesetzeslücke ist eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes” (Larenz/Canaris) Plan.Immanente Teleologie. Wertung.
    • (Frühere) Paradefälle: Positive Forderungsverletzung und Wohnungseigentum.
    • Gesetzeslücke, Rechtslücke, echte/unechte Lücke, verdeckte/offene Lücke, nachträgliche/ursprüngliche Lücke.
  19. Auf welchem Prinzip basiert die Analogie?
    Analogieschluss zusammengesetzt aus Induktion und Deduktion.
  20. Auf welchem Prinzip basiert das argumentum e contrario?
    Bikonditional oder Implikation
  21. argumentum a fortiori?
    • Wird verwendet, um einen Beweis einer Behauptung durch eine schon bewiesene stärkere Behauptung auszudrücken. Ein logischer Schluss nach dieser Methode wird auch als „Erst-recht-Schluss“ bezeichnet
    • Beispiel:
    • Wenn es verboten ist, zu zweit auf einem Fahrrad zu fahren, ist es erst recht verboten, zu dritt auf einem Fahrrad zu fahren.
    • Für den „Erst-recht-Schluss“ unterscheidet man:
    • A maiore ad minus: Schluss vom Größeren auf das Kleinere
    • A minore ad maius: Schluss vom Kleineren auf das Größere
    • Das Argumentum a fortiori wird meist zur Bekräftigung von Behauptungen eingesetzt, manchmal auch um einen logischen Schluss vorzutäuschen, wo keiner ist (Petitio principii --> Zirkelschluss).
  22. petitio principii
    circulus in demonstrando
    Zirkelschluss
    • Eine Petitio principii (lat. „Inanspruchnahme des Beweisgrundes“auch Circulus in demonstrando, ist ein Scheinbeweis, bei dem eine Behauptung durch Aussagen begründet werden, welche die zu beweisende Behauptung schon als wahr voraussetzen.
    • Dies kann zum einen explizit geschehen, wenn die Behauptung als Konklusion eines Arguments vorliegt, in dem sie selbst als Prämisse vorkommt, zum anderen implizit, indem die Konklusion kein expliziter Bestandteil des Arguments ist, sondern stillschweigend angenommen wird. Eine Besonderheit der petitio principii besteht darin, dass sie ein aussagenlogisch gültiger Schluss ist:
    • Aus jeder beliebigen Aussage folgt fraglos diese selbst.
    • Ein Fehlschluss liegt also nicht aus logischen Gründen vor, sondern weil eine selbstbezügliche Stützung der Konklusion untauglich ist. Diese argumentative Untauglichkeit lässt sich dadurch erklären, dass eine petitio principii nur von Personen akzeptiert wird, die schon der mit der Schlussfolgerung gleichbedeutenden (vielleicht unausgesprochenen) Prämisse zustimmen.
Author
condictio
ID
66253
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Juristische Methodenlehre
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Klausurvorbereitung
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