Rechtstheorie

  1. 5 Thesen von Johann Braun zur Unbeliebtheit der Juristen (5 Punkte)
    • 1. These: Rechtliche Belehrung ist demütigend. Jeder Mensch ist gleichsam von Haus aus ein geborener Rechthaber und Besserwisser
    • 2. These: Die juristische Fachsprache entrechtet den Laien. Das Recht geht alle etwas an und es stört, wenn man das was verhandelt wird nicht versteht!
    • 3. These: Die juristische Erfolgsrate entspricht dem Zufall. Jemand gewinnt und jemand verliert immer beim Prozess!
    • 4. These: Juristen müssen sich gegenseitig beschuldigen. 
    • 5. These: Der Jurist vertritt das kälteste aller kalten Ungeheuer. Jurist ist als Vertreter des Staats tätig!
  2. Was sind die 4 Kritikpunkte Rudolf Wiethölters an den Juristen (1972)?
    (4 Punkte)
    • Juristen üben politische Macht / Herrschaft aus durch Stabilisierung der jeweiligen Status quo-Verhältnisse. Dass Juristen diese politische Leistung durchweg nicht kennen und nicht wollen, macht ihre zentrale Ideologisierung aus, die zugleich eine gesellschaftliche Funktion ausmacht
    • Juristen verrichten ihre Arbeit theorielos und wirklichkeitsfrei Wirkungsfrei meint, es wird nicht die von der Gesellschaft erwartete Wirkung erbracht und die Juristen betrifft die Wirkung ihrer Arbeit nicht! Und Theorielos: Wir sind auf ein so soll es sein gerichtet --> Keine Wissenschaft und keine Kunst nach Wiethölter --> Das von der Uni reicht niergends hin!
    • Juristen sind den ihnen als gesellschaftlichem Teilsystem arbeitsteilig zufallenden technischen Aufgaben (= Versagen vor den Anforderungen des organisiert-kapitalistischen Industriegesellschaftssystems) und kritischen Aufgaben (= Versagen in der Weimarer Republik und vor dem Faschismus) nicht gewachsen Unser Recht ist zu veraltet! 
    • Juristen sind gerade wegen ihrer systematisch-strukturell begründeten Arbeitsunfähigkeit (als von den Konfliktzusammenhängen isolierter wie scheinbar wertneutraler Funktionsbereich) „zu allem fähig": Fortsetzung des Sozialpriesters von gestern und des Sozialingenieurs von heute durch den Sozialarzt von morgen Keine Verantwortung für die Ergebnisser der Arbeit! Wir können für alle Interessen einstehen (zu allem fähig) aber können nichts wirklich (Arbeitsunfähig, brauchen stets Hilfe von Aussen)
  3. Was ist die Aufgabe der Juristen nach Bernhard Rüthers (2007)?
    (2 Punkte)
    • − Die zentrale Aufgabe juristischer Berufe ist die Mitwirkung bei der Rechtssetzung und der Rechtsanwendung. Letzteres bedeutet die Umsetzung von Rechtsvorschriften in gesellschaftliche und politische Wirklichkeit
    • − Recht ist immer auch ein Instrument zur Gestaltung und Steuerung gesellschaftlicher und politischer Lebensbereiche nach weltanschaulich begründeten Vorverständnissen
  4. Elemente von Rüthers Methodenverständnis (4 Punkte)
    • Der Jurist soll nach Rüthers Vollstreckungsgehilfe politisch zustande gekommener Entscheidungen sein. Der Jurist muss Positivist sein!
    • Der Richter soll dienender Partner des Gesetzgebers sein. Konkretisierender Nachvollzug.
    • Richterliche Rechtsfortbildung ist zwar unvermeidbar, sie muss aber als solche deklariert werden.
    • Bei der Schaffung neuen Richterrechts muss der Richter dem Sozialideal des Gesetzgebers folgen
  5. Wie deuten Juristen nach Rüthers die Gesetzesordnung bei einem Regimewechsel um?
    (5 Punkte)
    • 1. Proklamation einer neuen Rechtsidee
    • 2. Konstruktion neuer Rechtsquellen zur Verdrängung der alten noch geltenden Gesetze
    • 3. Neuinterpretation unbestimmter Rechtsbegriffe und Generalklauseln
    • 4. Umdeutung von Rechtsbegriffen
    • 5. Konstruktion neuer oder konkurrierender Auslegungsmethoden; Proklamation der angeblich „ob- jektiven" Gesetzesauslegung Es sollte aber gerade von Einlegung die Rede sein! Und massgebend muss sein, "Was hätte der Gesetzgeber denken sollen?"
  6. Was ist die Stellung der Gerichte im Rechtssystem nach Luhmann?
    (3 Punkte)
    • 1. Gerichte besetzen das Zentrum des Rechtssystems
    • 2. Mit der Unterscheidung Zentrum / Peripherie ist allerdings keine Differenz des Ranges, der Hierarchie gemeint
    • 3. Der Grund für die Stellung der Gerichte im Zentrum des Rechtssystems lautet Entscheidungszwang
  7. Was ist der Teufelskreis der Begründung von Entscheidungen nach Fögen?
    (1 Punkt)
    Eine Entscheidung mit Gründen zu begründen, heisst immer, durch Unterscheidung die eine Seite der Alternative zu bevorzugen und die andere Seite zu vernachlässigen. Auf dieser anderen Seite befinden sich nicht etwa Ungründe, sondern Gegengründe. Welches die besseren Gründe oder die schlechteren Gegengründe sind, darüber wird mit besseren und schlechteren Gründen entschieden
  8. Was ist das Paradox von Gerichtsentscheiden und Ent- scheidungszwang nach Marie Theres Fögen?
    (1 Punkt)
    − Entscheidungen sind zufällig, sonst wären sie keine Entscheidungen, sondern allenfalls eine „Erkenntnis" dessen, wie es wirklich ist, eine „Findung" dessen, was es schon gibt, oder eine „Lösung"
  9. Was ist Gunther Teubners Ausgangslage betreffend dem Richterrecht (1992)?
    (1 Punkt)
    − Es besteht ein Problem zwischen der richterlichen Rechtsfortbildung und des gesellschaftlichen Konsenses
  10. Welches sind die bisherigen Konsensquellen des Richterrechts nach Teubner?
    (2 Punkte)
    • 1. Gesetz und Vertrag
    • 2. Aber: „Gesetz" und „Vertrag" sind in ihren Kon- senskapazitäten schon zu weit ausgelastet, als dass sie ihre Konsensproduktion entsprechend dem heutigen Normierungsbedarf noch steigern könnten
  11. Welches sind die 3 Gründe für die Krise des Gesetzes nach Teubner?
    (3 Punkte)
    • Versagen des Gesetzgebers und Juristen sprechen von einem Versagen des Ge- setzgebers, der allzu oft seinem gesellschaftlichen Regelungsauftrag nicht nachkomme. Weniger moralisierend sollte man dieses „Versagen" als Auseinanderfallen von politischen Konflikten und Rechtskonflikten deuten: Gesetzgebung orientiert ihre Prioritäten am Politikprozess und nicht an dem individuell vorgetragenen Rechtskonflikt der Bürger und den Orientierungsbedürfnissen der Gerichte
    • Unersättlicher Normenhunger der modernen Gesellschaft trotz der immensen Ausweitung der Gesetzesproduktion ist die parlamentarische Gesetzgebung den Normierungsforderungen, die aus der sozialen Differenzierung folgen, auch nicht annähernd gewachsen
    • Überproduktion von Normen
  12. Was kritisiert Teubner am Vertrag als Konsensquelle
    Vertragsinhalt wird bzw. kann von einer Partei diktiert werden!
  13. Was kritisiert Teubner an Generalklauseln? (1 Punkt)
    Der Durchgriff auf gesellschaftliche Wertungen mittels Generalklauseln verlässt sich auf eigentlich vormoderne gesellschaftliche Normbil- dungsmechanismen, die in segmentären und stratifizierten Gesellschaften eine wesentliche, auch rechtsbildende Rolle gespielt haben. Die funktionale Differenzierungsform der modernen Gesellschaft aber verurteilt solche diffusen sozialen Normbildungen zur Irrelevanz. Oder Anders: Im Durchgriff auf spontane Normbildungsprozesse greift das Recht heute in Leere
  14. Was ist die Aufgabe der Gerichte nach Teubner? - Lösung für neue Konsensquellen! (1 Punkt)
    Das Richterrecht nimmt gesellschaftliche Nor- mierungen (Bsp. organisationsinternes Recht) zur Kenntnis und baut sie in seine eigenen Rechtsbildungsprozesse ein. Solche pluralen Normsetzungen müssen lernen, Normen zu produ- zieren, von denen sie annehmen können, dass die Gerichte sie akzeptieren. Es handelt sich um ein Wechselspiel von Autonomie und struktureller Koppelung, das vom Recht im Prinzip anerkannt, dann aber zunehmend durchnormiert wird
  15. Wo kann nach Teubner eine moderne Konsensquelle gefunden werden?
    (4 Punkte)
    • Es liegt nahe, die Antwort in den autonomen Funktionsbereichen der Gesellschaft und in den formalen Organisationen zu suchen:
    • Organisationsinternes Recht (Bsp. Sportvereine)
    • - Inter-Organisations-Recht (Bsp. Sorgfaltspflichten der Banken der Schweizerischen Bankiersvereinigung)
    • Institutionalisierung pluralistischer Rechtsbindung (Bsp. Ethikkommissionen)
  16. Hubers Leitgedanke vom Recht bzw. zur Erstellung des Rechts + 3 Punkte um es zu verwirklichen
    Garantie der Offenheit (=Evolutionsfähigkeit) des Gesetzestextes mittels

    • der Volkstümlichkeit der verwendeten Sprache Wichtig für die Garantie der Evolutionsfähigkeit. Die Sprache der Gesellschaft ist flexibler und anpassungsfähiger als die Sprache der abstrakten Juristen. à Kritik an BGB.
    • der Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen und Generalklauseln Sollen das Eindringen von Impulsen aus der Gesellschaft
    • der Institutionalisierung eines interaktiven Rechtspluralismus. Es braucht ein Verfahren, dass die Evolutionsfähigkeit des Rechts sichergestellt bleibt.
  17. Gewohnheitsrechtsbegriff von Huber vs. H.L. (Je 3 Punkte)
    • Ergänzendes:
    • nur bei Lückenfüllung, extra legem
    • Entstehung in der Gesellschaft
    • An Ursprung stehen Rechtsgenossen

    • Usuelles:
    • intra legem, oder sogar contra legem
    • Bildung im Gerichtsgebrauch («usus) durch richterliche oder wissenschaftliche Anregungen («Genese»)
    • An Ursprung stehen Richter oder Rechtsprofessoren
  18. Begriffsjurisprudenz (3 Punkte)
    • Selbstreferentielle Ableitung von Rechtsbegriffen aus Rechtsbegriffen Alle Begriffe sind aus anderen Rechtsbegriffen abzuleiten. Die Rechtsbegriffe entstehen aus Rechtsbegriffen.
    • Begriffsrealismus Eigentum etc. gab es schon immer; Recht und Rechtslagen werden wie Dinge behandelt, die in Zeit und Raum existieren. Bsp. Durchgangssekunde beim Übergang der Rechte etc.
    • Inversionsmethode Durch die objektive Definition (welche nur als solche dargestellt wird), wird das gesagt, was eigtl. erst durch die Interpretation herausgeholt wird.
  19. Freirechtsschule und Interessenjurisprudenz

    Gemeinsame Charakteristika: (3 Punkte)
    • Glauben an die Lückenhaftigkeit des positiven Rechts Notwendigkeit, dass der Richter einen Entscheidungsspielraum haben und Recht schöpfen.
    • Juristisches Arbeiten ist nie wertfrei Juristische Konstruktion ist nicht logisch, werden aber versteckt und intransparent wenn nur Gesetz angewendet werden darf.
    • Berücksichtigung der soz. Wirklichkeit bei der Rechtsfindung
  20. Grimms 7 Punkte zur Methodenwahl
    • 1. Methode der Rechtsanwendung ist ein Selektionsmechanismus für Inhalte
    • 2. Methode als Machtfaktor, die vom Gesetzgeber nur beschränkt beherrscht werden kann
    • 3. Wirkungsvoll, wenn sie die Inhalte nicht bei Namen nennen muss
    • 4. Wahl der Methode abhängig von einem vorangehenden Werturteil
    • 5. Positivismus = Bevorzugung des status quo
    • 6. Positivismus = «Konstervativ» i.S.v. Erhalt des status quo
    • 7. Nichtpositivistische Methoden sind nicht zwingend auf Überwindung des status quo gerichtet!
Author
globi26
ID
347247
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Rechtstheorie
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