okuläre Myopathien #

  1. Definiere okuläre Myopathien.
    = Muskelerkrankungen, d.h. Bewegungseinschränkung durch Muskeldysfunktion und nicht durch Nervenlähmung oder direktes Trauma
  2. Beschreibe die Ursache der CPEO. #
    • = Mitochondriopathie, Stoffwechseldefekt in den Mitochondrien
    • Beeinträchtigung der Energiebereitstellung in den Zellen, insbes. der AM
    • • bei manchen Pat. Gendefekt (Deletionen der mtDNA)
    • • Mitochondrien dienen der Energiegewinnung und Sauerstofftransport
  3. Beschreibe das klinische Erscheinungsbild der CPEO. #
    • langsam fortschreitende bds. Lähmung aller äußeren AM einschl. des Levators und oft auch des Orbicularis
    • • die glatte Muskulatur (Pupillomotorik, Akkommodation) ist nicht betroffen
    • • meist beginnend mit bds. Ptosis, ggf. auch einseitig und komp. KZH und Frontalisinnervation
    • • im weiteren Verlauf Einschränkungen der Augenbeweglichkeit in allen BRT gleich, da symmetrisch keine DB und Einschränkungen fallen erst nicht auf
    • • tlw. jedoch im Verlauf auch asymmetrische Ausprägung mit Diplopie (immer Kestenbaum für Progredienz!)
    • • im Endstadium bds. komplette Ophthalmoplegie
    • • Diplopie tritt oft auch durch Konvergenzinsuffizienz auf
    • Bell‘sches Phänomen negativ durch Hebereinschränkung
    • • typisch ist eine insges. schlaffe Gesichtsmuskulatur in Kombi mit Kinnhebung und Frontalisinnervation = facies myopathia
    • • ggf. Pseudooberlidretraktion, wenn Hebereinschränkung größer ist als die Ptosis
    • HH-Problematik möglich
    • - atypische Funduspigmentierung/RP
  4. Welche Zusatzsymptome können tlw. in Kombination mit CPEO auftreten? #
    • • aufgrund der Mitochondriopathie:- Lähmung der Gesichts- und Schlundmuskulatur
    • - atypische Funduspigmentierungen („Pfeffer- und Salz- Fundus“)
    • - Retinopathia pigmentosa
    • - zerebelläre Ataxie als Folge von Kleinhirnstörung
    • - Reizleitungsstörung des Herzens
    • - Minderwuchs
    • - Diabetes
  5. Definiere das Kearns- Sayre- Syndrom.
    • die Kombination von CPEO mit atypischen Funduspigmentierungen, Reizleitungsstörung des Herzens (und Minderwuchs) wird als KSSyndrom bezeichnet
  6. Beschreibe das Erscheinungsbild des Kearns- Sayre- Syndrom. #
    • • siehe CPEO
    • • progressive Reizleitungsstörung des Herzens/ Herzrhytmusstörungen
    • • Minderwuchs
    • • progressive atypische Funduspigmentierung: das GF ist zunächst unauffällig, langfristig kommt es jedoch häufig als Spätfolge zu einer konzentrischen GF- Einschränkung
    • • tlw. zusätzl. auftretende Symptome:
    • - neurolog. Störungen z.B. Ataxie
    • - Sensibilitätsstörungen, Hyporeflexie
    • - generalisierte Myopathie

    => Pat. müssen regelmäßig elektrokardiografisch untersucht werden, da lebensgefährlich (bei V.a. CPEO internistische Abklärung!)
  7. Wie erfolgt die Sicherung der Diagnose CPEO/ Kearns- Sayre- Syndrom? #
    • Muskelbiopsie zum Nachweis von mikroskopisch sichtbaren Veränderungen, sog. ragged red fibers
    • molekulargenetische Untersuchung (mitochondriale DNA Deletionen?)
    • EMG (Elektromyographie): dabei ist eine deutl. Muskelaktivität zu sehen trotz geringem Bewegungseffekt im Gegensatz zu einer Parese
    • internistische Abklärung
  8. Wie wird eine CPEO/ Kearns- Sayre- Syndrom therapiert? #
    • nur symptomatisch möglich
    • Prismenfolie: bei asymmetrischer Ausprägung der Motilitätsstörung
    • AM-OP nur in Einzelfällen notwendig
    • Therapie der Ptosis
    • - Ptosisbügelbrille
    • - Ptosis- OP Frontalissuspension bei neg. Bell- Phänomen
    • Therapie der HH- Problematik:
    • - tags Tropfen/Gel, wenn nötig auch Salben, zur Nacht Salben und ggf. Urglasverband
    • ggf. Sehhilfenberatung/ möglicherweise Umschulung
    • internistische Abklärung, ggf. Herzschrittmacher
    • - Coenzym Q10 Gabe als Versuch
    • • Aufhalten des Fortschreiten der Erkrankung bisher nicht gelungen
  9. Definiere Myasthenia gravis.
    Myasthenie ist eine Autoimmunkrankheit mit Störungen der neuromuskulären Reizübertragung, wodurch es zu einer pathologischen Schwäche und schnellen Ermüdbarkeit der Skelettmuskeln unter Belastung kommt
  10. Beschreibe den Pathomechanismus bei der Myasthenia gravis. #
    • • Autoimmunerkrankung, bei der es zur Bildung von Antikörpern kommt
    • • es tritt eine Schädigung der ACh- Rezeptoren der Muskelfasern ein
    • • daraus resultiert eine Störung der Impulsübertragung vom Motoneuron auf die Muskelfaser
    • • es kommt zu einer abnorm schnellen Ermüdbarkeit der quergestreiften Muskulatur
  11. Erkläre die Physiologie der Impulsübertragung am neuromuskulären Übergang. #
    • bei geforderter Muskelaktivität werden ACh- Moleküle aus der Synapse der Nervenfaser (Motoneuron) in den synaptischen Spalt abgegeben
    • • das ACh lagert sich an die Rezeptoren der motor. Endplatte an
    • • durch die Übertragung kommt es zur Muskelkontraktion
    • um die Muskelaktivität zu halten, wird weiterhin eine bestimmte Menge ACh- allerdings deutlich weniger als zur Aktivierung- in den synaptischen Spalt freigesetzt, bei gesunden Menschen ist diese Konzentration ausreichend, um eine konstante Muskelreaktion zu erreichen
  12. Erkläre die Pathologie der Impulsübertragung bei Myasthenie am neuromuskulären Übergang. #
    • • aufgrund der Autoimmunreaktion werden ein Teil der ACh- Rezeptoren zerstört/blockiert und es stehen weniger Rezeptoren zur Verfügung als physiolog.
    • • am Anfang der Reizübertragung sind genügend ACh- Moleküle im synapt. Spalt, um eine Muskelkontraktur auszulösen
    • • bei längerer Innervation lässt die Ausschüttung jedoch nach und die Menge der ACh- Moleküle ist nicht mehr ausreichend, um die intakten ACh- Rezeptoren zu versorgen, die Wahrscheinlichkeit, dass ein ACh- Molekül an einen ACh- Rezeptor gelangt wird immer geringer
    • • führt letztendlich zu einer raschen Ermüdbarkeit der Muskulatur
    • -> Zusammenhang zum Thymus: diese Antikörper werden hier produziert
  13. Beschreibe die allgemeine Symptomatik der Myasthenia gravis. #
    • • typisch ist die im Tagesverlauf und unter Belastung zunehmende Augensymptomatik
    • • im Anfangsstudium häufig zuerst Augensymptomatik
    • • Schwäche der facialen Muskulatur -> schlaffe Gesichtsmuskulatur
    • • Sprech-, Kau- und Schluckstörungen
    • • später belastungsabhängige Schwäche der Extremitäten, Rumpf und Atemmuskulatur
    • • myasthene Krise: akute Verschlechterung mit Ateminsuffizienz
  14. Beschreibe die Augen- Symptomatik der Myasthenia gravis. #
    • • Schwäche des Levators -> Ptosis häufig Erstsymtom, ein- oder bds. Auftreten mgl. 
    • • Schwäche des Orbicularis
    • • Schwäche der äußeren AM (Akkommodation und Pupillomotorik sind intakt)
    • • wechselhafte Paresen: 
    • - nicht eindeutig zuzuordnen
    • - es kann prinzipiell jeder Muskel oder jede Muskelgruppe betroffen sein
    • - ein- oder bds. Auftreten mgl.
    • - totale Ophthalmoplegie möglich
    • • spontane Lidzuckungen
  15. Wie wird eine Myasthenia gravis diagnostiziert? Wonach müssen sie gezielt in der Anamnese fragen? #
    • • ausführliche Anamneseerhebung (Beginn, im Tagesverlauf zunehmend, Belastungsabhängigkeit, variable DB in Richtung und Ausmaß, schwankende Ptosis) und Medikamente erfragen (können Myasthenie/Symptome auslösen/verstärken) z.B. Antirheumatika
    • Binokularstatus, Stellung, Motilität, Liddiagnostik
    • klinische Untersuchungen
    • - Simpson- Test (1 Min. max. Aufblick)
    • - umgekehrter Simpson- Test (10 Sek. Augen fest schließen- Besserung der Ptosis?)
    • - Schwäche des Orbicularis (U. versucht festgeschlossene Augen zu öffnen)
    • - Ice- Test (Besserung der Ptosis nach Kühlung?)
    • - Ermüdungsreaktion an der Harmswand (Pat. schaut 30 Sek. in die eingeschränkte BRT; Winkel vergrößern sich stetig)
    • - Sakkadenprüfung (währenddessen Ermüdung)
    • - Sleep- Test 
    • - Mary- Walker- Phänomen (Treppensteigen)
    • medikamentöse Diagnostik: Tensilon- Test
    • konsiliarische Abklärung: Elektromyographie, Radiologie, innere Medizin (ACh- Antikörper), Abklärung ob weitere Autoimmunerkrankung vorliegt
  16. Was sind die Differentialdiagnosen der Myasthenia gravis?
    • • alle erworbenen Ptosen
    • • andere okulären Myopathien (CPEO, EO, Myositis): durch Wechselhaftigkeit der Befunde, Belastungstests und letztendlich durch den Tensilon- Test abzugrenzen
    • erworbene Paresen, supranukleäre Augenbewegungsstörungen
    • dekomp. Heterophorien: tlw. berichten diese Pat. auch zu Beginn ein ermüdungsabhängiges Auftreten der Beschwerden
  17. Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei Myasthenia gravis? #
    • • bei 10- 20% der Pat. mit okulärer Myasthenie ist eine Spontanremission zu beobachten, die dauerhaft sein kann oder aber zu einem Rezidiv mit progressiver Verschlechterung führt
    • • bei rein okulärer Myasthenie ist zunächst der Verlauf abzuwarten, hier ist nur eine symptomatische Therapie zu empfehlen:
    • - starke körperliche Belastung vermeiden
    • - Prismenausgleich, ggf. Okklusion
    • - Ptosisbügel
    • • bei generalisierter Form oder lange bestehender okulärer Form ohne Besserungstendenz kausale Therapie:
    • - ACh- Esterasehemmer (Mestinon)- wirkt auf AM nicht ganz befriedigend
    • - Immunsuppression durch Cortison
    • Immunsuppression durch Azathioprin- Wirkung allerdings erst nach 3- 12 Mon., daher oft in Kombi mit Cortison
    • - in der myasthenen Krise intensivmedizinische Überwachung 
    • - Thymektomie auch ohne Thymom (man erhofft sich Besserung der Symptomatik)
  18. Wie ist die Prognose bei Myasthenia gravis?
    • • langsam progredient
    • • Letalität 10- 20%
    • • beste Prognose bei rein okulärem Befall: keine Minderung der Lebenserwartung
  19. Definiere okuläre Myositis?
    • • die Myositis ist eine Entzündung des Muskels
    • • es können alle äußeren AM betroffen sein
    • • die Entzündung führt zu einer Verdickung des Muskelbauches und der Muskelsehne
    • • diese Verdickung führt zu einer passiven Motilitätseinschränkung
  20. Was ist die Ursache der okuläre Myositis?
    • • ungeklärt
    • • vermutl. allergisches/ autoimmunolog. Phänomen
    • • kommt auch im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen vor, z.B. Morbus Crohn, HIV
  21. Was sind die okulären Symptome der okulären Myositis? #
    • • meist einseitig
    • • Protusio bulbi (Exophthalmus)
    • • BH- Rötung/ Schwellung
    • • Lidschwellung
    • • Motilitätseinschränkung je nach Ausprägung, tlw. auch nur isoliert einzelne AM betroffen
    • • Diplopie
    • • Bewegungsschmerz in Zugrichtung des betroffenen Muskels (bei Kontraktion) und/oder entgegengesetzter BRT wegen reduzierter Dehnbarkeit des betroffenen Muskels
    • • tlw. blaurötliche Verfärbung der Muskelansätze
  22. Was sind die allgemeinen Symptome der okulären Myositis? #
    • • Fieber, Mattigkeit
    • • Schwindel
    • • Sinusitis
    • • Herpes usw.
  23. Was sind die Differentialdiagnosen der okulären Myositis? #
    • • jeglich andere Entzündungen des Orbitainhalts, z.B. Orbitaphlegmone (=diffuse sich infiltrativ ausbreitende Entzündung)
    • Paresen
    • EO: MRT, Ultraschall oder Echo zur Differenzierung notwendig:
    • - Myositis: spindelförmige Auftreibung/Verdickung der betroffenen Muskeln vom Ursprung bis zum Ansatz mit Sehnenbeteiligung
    • - bei der EO ist die Sehne i.d.R. nicht betroffen; häufig bds., mehrere AM
  24. Wie wird die okuläre Myositis therapiert? #
    • hoch dosiert oral Kortikosteroide (Myositis spricht sehr gut auf Cortison an, daher schon nach 1 Woche Reduzierung mgl.)
    • • tlw. bei noch nicht gesicherter Diagnose, auch Antibiotika empfohlen
    • • ggf. Immunsuppressiva
    • bei Resistenz ggf. Bestrahlung
    • • bei störenden DB auch Okklusion oder Prismengabe
    • • bei irreversiblen Paresen ggf. AM-OP
    • • bei Opticus- Neuritis hoch dosiert lokale Cortisongabe
  25. Wie ist die Prognose der okulären Myositis?
    • kann zu Rezidiven nach Monaten oder Jahren neigen, vor allem bei zu kurzer Cortison- Therapie (insbes. bei der chron. Form)
Author
sandrum87
ID
343387
Card Set
okuläre Myopathien #
Description
CPEO, Myasthenie, okuläre Myositis
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