-
Warum eigentlich Sonderprivatrecht für Kaufleute?
- Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Kaufleute regelmäßig geschäftsgewandte und geschäftserfahrene Personen sind. Daher gelten bestimmte Schutzvorschriften für Verbraucher unter Kaufleuten nicht, was in einer ganzen Reihe von Vorschriften
- deutlich wird. (bspw. §§ 348, 349, 350 HGB, § 310 Abs. 1 BGB)
-
Warum sollen für Kaufleute teilweise andere Vorschriften gelten als für normale Menschen/Verbraucher?
Auf der anderen Seite werden Kaufleuten aufgrund ihrer Geschäftserfahrenheit auch bestimmte Befugnisse zugestanden, die normale Verbraucher nicht haben. So kann bspw. gemäß § 38 ZPO von Kaufleuten untereinander wirksam eine Gerichtsstandvereinbarung bereits vor Ausbruch eines Rechtsstreits vereinbart werden.
-
Fall:
Bauunternehmer B-GmbH („B“) hat einen Bagger beim Großhändler H-GmbH („H“) bestellt. Der Großhändler liefert den Bagger nicht. Als der B die Lieferung anmahnt und anruft, sagt H, es sei kein Vertrag zustande gekommen.
• Frage:
Wonach bestimmt sich, ob ein Vertrag zu Stande gekommen
ist?
Die Frage des Zustandekommens von Verträgen ist im HGB nicht geregelt, sondern im BGB (§§ 145 ff. BGB): Angebot und Annahme als empfangsbedürftige Willenserklärungen.
-
B überzeugt den H, dass der in Rede stehende Vertrag zustande gekommen ist und H liefert den Bagger am 1. April 2016 auf der Baustelle, an der der Bagger zum ersten Einsatz kommen soll, an und übergibt dem Prokuristen des H die Unterlagen und Schlüssel des Baggers. Die Baugenehmigung des Eigentümers der Baustelle E wird erst am 10. April 2016 erteilt. Als B am 11. April 2016 den Bagger starten möchte, geht der Motor nicht an. Der B moniert das gegenüber dem H. Der verweist darauf, dass der B den Bagger gleich nach
Anlieferung hätte untersuchen müssen. Er fühle sich jetzt daher nicht verpflichtet, den Bagger auf Mängel hin zu überprüfen und etwaige Mängel zu beseitigen. Der Geschäftsführer des H sagt, er sei bei der Anlieferung in Urlaub gewesen, habe diese überhaupt erst nach Urlaubsrückkehr am 12. April 2016 mitbekommen.
Wer hat recht?
- BGB:
- • § 433 Abs. 1: Pflicht, Eigentum und Besitz zu verschaffen
- • § 434 Abs.1: in vereinbarter Beschaffenheit, im Zweifel mangelfrei,
- • Falls nicht erfolgt: § 437: Recht auf
- • Nacherfüllung,
- • Rücktritt und
- • Schadensersatz,
- • Verjährung gem. § 438 I Nr. 2 b) 2 Jahre ab Ablieferung.
- Besonderheiten nach dem HGB?
§ 377 HGB einschlägig?
-
1. Handelsrecht Sonderprivatrecht für Kaufleute
§ 377 Abs. 1 HGB:
- „Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch
- den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich
- ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.“
Abs. 2: „Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, dass es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.“
-
1. Handelsrecht Sonderprivatrecht für Kaufleute
• Handelsgeschäft?
§ 343 HGB: Alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören;
- • GmbH: Kaufmann gem. § 6 Abs. 1 HGB
- (Handelsgesellschaft) i.V.m. ; § 13 Abs. 3 GmbHG; Gesellschaft (GmbH) gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des HGB;
- • Unverzüglich untersucht?
- § 121 Abs. 1 BGB: ohne schuldhaftes Verzögern.
-
1. Handelsrecht Sonderprivatrecht für Kaufleute
• Verschulden
§ 276 BGB: Grundsätzlich Vorsatz und Fahrlässigkeit
- • Hier: Keine eigene Schuld des B, aber
- • Zurechnung des Verschuldens des Prokuristen
gem. § 278 BGB/§166 BGB
-
Handelssachen
§ 2 Abs. 1 EGHGB: „In Handelssachen....“
- Der Begriff der Handelssache im HGB nicht definiert;
- • In § 95 des Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ist der
- Begriff der Handelssache für die gerichtliche
- Zuständigkeit der sogenannten Kammern für
- Handelssachen definiert.
-
Nach § 95 GVG sind Handelssachen insbesondere:
• Klagen gegen ein Kaufmann
• Klagen aus Wechseln
- • Klagen aus dem Rechtsverhältnis, welches das Recht
- zum Gebrauch der Handelsfirma betrifft,
- • Klagen aufgrund des Gesetzes gegen den unlauteren
- Wettbewerb
-
♣ Exkurs: Was ist eine Kammer für Handelssachen?
• Die Kammer für Handelssachen (KfH) ist ein bestimmter Spruchkörper beim Landgericht
• Besetzung der Kammer für Handelssachen:
- § 105 GVG: Ein Mitglied des Landgerichts (Berufsrichter) als
- Vorsitzender und zwei ehrenamtliche Richter; sämtliche Mitglieder der Kammer für Handelssachen haben gleiches Stimmrecht!
- • Die Laienrichter sollen gemäß § 109 GVG Deutsche sein, das 30. Lebensjahr vollendet haben und als Kaufmann, Vorstandsmitglied oder Geschäftsführer einer juristischen
- Person oder als Prokurist in das Handelsregister oder das Genossenschaftsregister ... eingetragen sein.
-
• Warum gibt es Laienrichter im Handelsrecht bei der KfH?
• In welchen anderen Rechtsbereichen gibt es in Deutschland auch noch Laienrichter?
• Ist der Zweck des Laienrichtereinsatzes in Deutschland in allen Bereichen gleich oder muss hier differenziert werden?
• Antworten:
- Laienrichter im Handelsrecht bei der KfH, weil man damit auch die berufsständische Kenntnis der Laienrichter in die Sachentscheidung
- einbringen möchte.
- • In welchen anderen Rechtsbereichen Laienrichter:
- - Arbeitsgerichtsbarkeit
- - Verwaltungsgerichtsbarkeit
- • Der Zweck des Laienrichtereinsatzes in Deutschland ist unterschiedlich: im Handelsrecht und in der Arbeitsgerichtsbarkeit
- möchte man die Fachkenntnis der „Laien“ einbeziehen, in Strafgerichtsbarkeit und beim Verwaltungsgericht den „normalen
- Bürger“
-
Fall:
Die Änderungsschneiderei Ismir wird von Herrn Ismir seit 10 Jahren in Berlin betrieben. Seine Frau Nuhat Ismir organisiert nicht nur die Familie, sondern unterstützt auch bei der Schneiderei. Sie machen einen Umsatz von EUR 50tsd. im Jahr. Herr Ismir ist nicht im Handelsregister eingetragen. Ist Herr Ismir ein Kaufmann im Sinne des HGB?
Herr Ismir ist wohl kein Kaufmann (ohne Eintragung im
Handelsregister); es fehlt
- • an Personal, Umsatz, Buchführung, Aufbewahrung von
- Buchführung
-
Definition des Kaufmannsbegriffs in
§ 1 Abs. 1 HGB:
- „Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe
- betreibt.“
- • Merke: Wenn „Ist-Kaufmann“ zu bejahen ist:, d.h. Kaufmannseigenschaft unabhängig von seiner Eintragung im Handelsregister;
• „Ist- Kaufmann“ ist gemäß § 29 HGB verpflichtet, sich zum Handelsregister anzumelden!
- • Merke: Anmelden unterschriftsbeglaubigt beim Notar (vgl. § 12 Abs. 1, der schickt elektronisch zum Handelsregister):
- • die Firma (zum Begriff vgl.§ 17 Abs. 1 HGB)
- • Ort und inländische Geschäftsanschrift der Handelsniederlassung
- • di einländische Geschäftsanschrift
-
Definition des Kaufmannsbegriffs in § 1 Abs. 1 HGB:
„Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt.“
Handelsgewerbe: Definitionen in § 1 Abs. 2 HGB
„Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.“
-
Handelsgewerbe: Definitionen in § 1 Abs. 2 HGB „Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, ...
Begriff Gewerbebetrieb ist im HGB nicht definiert!
- • vier Dinge sind für ihn charakteristisch:
- - eine selbstständige Tätigkeit,
- - die nach außen erkennbar und auf Dauer angelegt ist,
- - sowie mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird
- - und die nicht als freier Beruf zu qualifizieren ist
-
• Selbständige Tätigkeit ist charakterisiert durch:
- • das Unternehmerrisiko;
- • die persönliche Unabhängigkeit (nicht wirtschaftliche Unabhängigkeit)
- • die im wesentlichen freie Gestaltungsmöglichkeit der Tätigkeit
- (daher Arbeitnehmer: kein Kaufmann)
- • Aber: Darunter fallen nicht (historisch, nicht logisch bedingt)
- - Freiberufler: Ärzte, Architekten, Rechtsanwälte, Steuerberater
(sogenannte „Dienste höherer Art“);
- Künstler, Wissenschaftler;
- - Land- und Forstwirte (gemäß § 3 Abs. 1 findet auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft § 1 keine Anwendung, d.h. ein
- solche Betrieb ist kein Handelsgewerbe)
-
Der Begriff des Kaufmanns
§ 1 Abs. 2: „Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass
das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.“
- • Auch hierfür gibt es keine gesetzliche Definition!
- • Art:
- Damit ist die Geschäftsstruktur angesprochen (Formulierung unbestimmt:
- Natur und Vielfalt der gewöhnlich vorkommenden Geschäfte,
- Abwicklungsweise der konkreten Geschäfte, Vielfalt der Zeugnisse und
- Leistungen, Art des Kundenkreises)
Umfang des Gewerbebetriebes:
dessen Größenordnung, Anhaltspunkte: Größe des Anlage-und Betriebskapitals, Umsatzvolumen, Zahl der Beschäftigten, Anzahl/Größe Betriebsstätten, Umfang der Werbung, Erfordernis der Lagerhaltung
-
Der Begriff des Kaufmanns
§ 1 Abs. 2: „Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in
kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.“
- Kaufmännische Einrichtung: Charakteristika:
- • Einsatz von kaufmännischem Personal mit oder ohne Vertretungsmacht,
- • Aufgliederung in Geschäfts- bzw. Zuständigkeitsbereiche,
- • kaufmännischeBuchführung,
- • Aufbewahrung von Korrespondenz
- • Firmenführung zur Identifikation des Geschäftsinhabers
-
Merke also zum Kaufmannsbegriff gem. § 1 HGB:
Abs. 1: Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt.
- Abs. 2: Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in
- kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.
-
Kannkaufmann gem. § 2 HGB
- „Ein gewerbliches Unternehmen, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist, gilt als Handelsgewerbe im Sinne dieses Gesetzbuchs, wenn die
- Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist.“
- Der Kann-Kaufmann ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, sich im Handelsregister eintragen zu lassen (§ 2 S.2 HGB);
- mit der Eintragung wird er Kaufmann, Eintragung hat konstitutive Wirkung.
-
Kannkaufmann gem. § 2 HGB
„Ein gewerbliches Unternehmen, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist, gilt als Handelsgewerbe im Sinne dieses Gesetzbuchs, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist.“
- Der Kann-Kaufmann ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, sich im
- Handelsregister eintragen zu lassen (§ 2 S.2 HGB); mit der Eintragung
- wird er Kaufmann, Eintragung hat konstitutive Wirkung.
- Der Kann-Kaufmann kann sich auch jederzeit wieder aus dem
- Handelsregister austragen lassen; das kann der Ist-Kaufmann nicht!
-
Was ist die gesetzgeberische Idee zur „Figur“ des KannKaufmanns?
- Das HGB als das Sonderprivatrecht für Kaufleute ist geprägt von der Vorstellung, dass Kaufleute geschäftserfahren sind und daher bestimmter Schutzvorschriften, die sonst für
- normale Verbraucher gelten, nicht bedürfen. Dieser Schutzmechanismus soll bei kleinen Gewerbebetrieben aufrechterhalten werden. Auf der anderen Seite soll den kleinen Gewerbetreibenden auch die Möglichkeit gegeben werden, ihre Eintragung in das Handelsregister zu bewirken und damit ebenfalls Kaufleute kraft Eintragung zu werden.
-
Prüft das Handelsregister, ob das angemeldete Gewerbe nach Art und Umfang einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb
erfordert?
- Höchst umstritten, m.E. von der Gesetzessystematik vom
- Handelsregister nicht zu prüfen!
-
Land- und Forstwirte gem.
- § 3 HGB
- Historisch bedingt aus dem Kaufmannsbegriff ausgeklammert; sie können ebenfalls ihre Eintragung im Handelsregister bewirken, wenn ihr Unternehmen nach Art und Umfang einen
- in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Ebenfalls Kann-Kaufleute. Eintragung „konstitutiv“
-
Kaufmann kraft Eintragung gemäß
- § 5 HGB
- „Ist eine Firma im Handelsregister eingetragen, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, dass das unter der
- Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe ist.“
• Die Vorschrift hat aufgrund § 2 HGB keine relevante Bedeutung mehr.
-
Formkaufmann /Handelsgesellschaften
- § 6 Abs. 1 HGB
- „Die in Betreff der Kaufleute gegebenen Vorschriften finden
auch auf die Handelsgesellschaften Anwendung.“
-
Welche Handelsgesellschaften kennen Sie?
- • Personengesellschaften
- • die OHG § 105 Abs. 1
- • die KG §§ 161 ff. HGB
- • europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV)
- - Zweck ist die Erleichterung und Förderung der grenzüberschreitendenZusammenarbeit der Länder
- • Kapitalgesellschaften
- • GmbH (§ 13 Abs. 3 GmbHG)
- • Aktiengesellschaft (§ 3 Abs. 1 AG)
- • Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA)
- • Societas Europaea
-
Kaufmannseigenschaft und öffentliches Recht
§ 7 HGB:
- „Durch die Vorschriften des öffentlichen Rechts, nach welchen
- die Befugnis zum Gewerbebetrieb ausgeschlossen oder von
- gewissen Voraussetzungen abhängig gemacht ist, wird die
- Anwendung der die Kaufleute betreffenden Vorschriften
- dieses Gesetzbuchs nicht berührt.“
-
Handelsrecht als Sonderprivat der Kaufleute
§ 2 EGHGB: BGB nur anwendbar, wenn keine Vorschrift im HGB einschlägig ist
Sinn des Sonderprivatrechts für Kaufleute?
Merke Systematik: Schauen, ob spezielle Reglung im HGB vorhanden ist, falls nein, im Zweifel BGB einschlägig
- Systematik veranschaulicht an einem Fall mit Baggerkauf
- • Vertragsschluss;§377HGB
-
Im Rahmen des § 377 HGB einige Begriffe analysiert:
- • Verantwortlichkeit (Vertretenmüssen)
- - §276BGB: Grundsätzlich Vorsatz und Fahrlässigkeit
- - Eigenes Verhalten/ ZurechnungfremdenVerhaltens
- - Zurechnung des Verschuldens des Prokuristen gem. § 278 BGB/§166 BGB
- • GmbHKaufmann?
- - Ja, gem. § 6 Abs. 1 HGB (Handelsgesellschaft) i.V.m. § 13 Abs. 3
- GmbHG; GmbH gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des HGB;
- • Begriffunverzüglich?
- • § 121 Abs. 1 BGB: ohne schuldhaftes Verzögern.
-
• Begriff der Handelssache gem. § 2 EGHGB
- Keine Definition im HGB
- - Aber Regelung in § 95 GVG, insbesondere:
- • Klagen gegen ein Kaufmann
- • Klagen aus Wechseln
- • Klagen aus dem Rechtsverhältnis, welches das Recht zum Gebrauch der Handelsfirma betrifft,
- • Klagen aufgrund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb
- Kammer für Handelssachen, §§ 105, 109 GVG
-
• Laienrichter in unserer Rechtsordnung
In Handelssachen, Kammer für Handelssachen, neben Berufsrichter zwei „Handelsrichter“
Im Arbeitsrecht, beim Arbeitsgericht neben Berufsrichter ein Arbeitgeber- und ein Arbeitnehmervertreter
- Im Strafrecht, beim Amtsgericht, Schöffengericht, neben Berufsrichter zwei „Schöffen“ (so auch in kleiner Strafkammer
- in der Berufungsinstanz)
Im Verwaltungsrecht, Verwaltungsgericht, neben einem Berufsrichter zwei Laienrichter
-
• Begriff des Kaufmanns im HGB
- • Kaufmann kraft Eintragung gem. § 5 HGB
- • HeutekaumnochBedeutung,da§2lexspecialis
- •Handelsgesellschaften Kaufleute kraft Rechtsforms gem. § 6 HGB i.V.m. Spezialregelung
- • Personenhandelsgesellschaften: OHG, KG, EWIV,
- • Kapitalgesellschaften:GmbH,AG,KGaA,
- • Scheinkaufmann: Kein Kaufmann, tut aber so; führt idR zu (auch) zivilrechtlicher Haftung bzw. Folgen
-
Register haben verschiedene Funktionen:
- • Rechtssicherheit für den Rechtsverkehr (Publizitäts-, Schutz- und Beweisfunktion)
- - Neutrale Verlässlichkeit
- - Vertrauen in die korrekte Führung der Register in geregelten Verfahren
- • Absicherungsinstrument für größere Transaktionen
- -Finanzierung des Erwerbs von Häusern, Flugzeugen, Schiffen, Unternehmen
-
Welche Register in unserem Rechtssystem kennen Sie?
- Handelsregister
- Genossenschaftsregister
- Partnerschaftsregister
- Vereinsregister
- Grundbuch
- Schiffsregister (See- und Binnenschiffe ab gewisser Länge/Verdrängung)
Luftfahrzeugregister (zentral in Braunschweig)
-
• Funktion des Handelsregister
- • Verlässliche Auskunft (Schutzfunktion durch
- Publizität) über die für den Rechtsverkehr mit
- Kaufleuten wichtigsten Dinge:
- Firma des Kaufmanns/Unternehmens, § 17 HGB, § 19 HGB
- Ort der Hauptniederlassung/Sitz des
- Kaufmanns/Unternehmens, § 29 HGB, § 106 Abs. 2 Nr. 2 HGB
Inländische Geschäftsanschrift, § 29 HGB, § 106 Abs. 2 Nr. 2 HGB
Vertretungsbefugnisse (Prokura), §§ 48 ff. HGB
-
Das Handelsregister
• Eintragungsfähige/ nicht eintragungsfähige Tatsachen
• Eintragungsfähig nur, wenn im Gesetz als solches „ausdrücklich“ vorgesehen, d.h. nicht alles Interessante ist eintragungsfähig!
- • Kennzeichnung für Eintragungsfähigkeit:
- Formulierungen im Gesetz wie: „...ist zum Handelsregister anzumelden“ oder „...ist eine einzutragende Tatsache.“ Beispiele: § 29
- HGB, (Firma), § 53 HGB (Prokura), § 106 Abs. 1 HGB (OHG-Erstanmeldung), §§ 161, 162 HGB (KG), §§ 7,8 GmbHG
- (Erstanmeldung GmbH)
- Nicht eintragungsfähig bspw: Gesellschafter einer GmbH, siehe § 40
- Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG
-
Das Handelsregister
• Fakultative Eintragungen
konstitutive Entragung
- fakutaltive Eintragung:
- Keine Eintragungspflicht, aber Möglichkeit
- Bsp: § 25 Abs. 2 HGB bei Übernahme eines
- Handelsgeschäfts unter Lebenden mit Fortführung der
- bisherigen Firma mit oder ohne Nachfolgezusatz
• Konstitutive/deklaratorische Eintragungen
• Unterscheidung nach der Wirkungskraft der Eintragung, ob rechtsbegründend (konstitutiv) oder nur beschreibend (deklaratorisch)
-
HandelsregisterA
und HandelsregisterB •
- Zwei verschiedene Abteilungen beim Handelsregister:
- • HandelsregisterA:
- • Personenhandelsgesellschaften: Einzelkaufmann, OHG, KG,
öffentliche Körperschaften und Anstalten
- • Aufpassen in Berlin: alle Nrn. haben hintendran noch ein „B“ zur
- Kennzeichnung für Berlin, das verwirrt am Anfang beim HR „A“,
- Bspw: „eingetragen beim AG Charlottenburg unter HRA 12547B“
- • HandelsregisterB
- - Kapitalgesellschaften, also insbesondere GmbH und AG
-
Das Handelsregister
• Eintragungsverfahren
- • Anmeldung
- - Elektronischunterschriftsbeglaubigt,§12
- - Bei Vollmachten: Vollmachten auch unterschriftsbeglaubigt
• Eintragung
- Nach Zahlung der Kosten
- Ggf. nach Einholung Stellungnahme der IHK (Firma)
- • Bekanntmachung
- - Im elektronischen Bundesanzeiger
-
Zur Publizität des Handelsregisters
• Negative Publizität gem.
- § 15 Abs. 1 HGB:
- „Solange eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache nicht eingetragen und bekanntgemacht ist, kann sie von demjenigen, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen war, einem Dritten nicht entgegengesetzt
- werden, es sei denn, dass sie diesem bekannt war.“
-
Der Prokurist P der X-GmbH, einem großen Autohaus, hat aus Sicht der Gesellschafter und des Geschäftsführers im letzten Jahr keine gute Arbeit geleistet. Es wurde daher auf
der Gesellschaftersitzung am vergangenen Wochenende beschlossen, die Prokura zu widerrufen. Der GF teilt dem Prokuristen dies am Montag morgen persönlich mit und
macht einen Notartermin für die entsprechende HR-anmeldung für Mittwoch derselben Woche.
Der Prokurist P fühlt sich falsch behandelt und bestellt am Dienstag vor der HR-anmeldung für 1 Mio Ware, wirksam?
- Die Prokura ist eine besondere Art der Vollmacht. Sie wurde am
- Montag wirksam durch den Geschäftsführer gem. § 168 S. 3 i.V.m.
- § 167 Abs. 1 BGB widerrufen.
- Das Erlöschen der Prokura wurde jedoch nicht im HR eingetragen.
- Daher kann sich der Lieferant der X-GmbH auf den nicht
- eingetragenem Widerruf der Prokura berufen, die sogen. negative
- Publizität gem. § 15 Abs. 1 HGB.
Der Vertrag wird als wirksam behandelt!
- Zusatzfrage: Warum formuliert das Gesetz in § 15 Abs. 1 HGB
- „negativ“,...“es sei denn, dass sie <die einzutragende Tatsache> diesem
- (Dritten) bekannt war“ anstatt positiv: „...und dem (Dritten) dies nicht
- bekannt war.“
Antwort Zusatzfrage:
- • Merke: Durch die negative Formulierung verteilt der
- Gesetzgeber die Beweislast:
- Es wird vermutet, dass der Dritte den Widerruf der
- Vollmacht nicht kannte, es sei denn, die GmbH, vertreten
- durch den Geschäftsführer beweisen (zur vollen
- Überzeugung des Gerichts), dass der Widerruf dem Dritten
- bekannt war.
- • Merkeergänzend:Dieh.M.gestattetdemDritten,sich
- alternativ auf die wahre Rechtslage zu berufen: hier § 179
- Abs. 1 BGB (Schadensersatz des P)
-
Die Prokura
- Erteilung gem. § 48 Abs. 1 HGB
- Einzel- oder Gesamtprokura, § 48 Abs. 2 HGB
- Große Prokura „incl. Veräußerung und Belastung von Grundstücken“ oder normale Prokura (ohne!!), § 49 HGB
-
Die Prokura
Beschränkung
- Die Prokura
- Beschränkung der Prokura Dritten gegenüber unwirksam, § 50 Abs. 1 HGB (interne Beschränkung möglich)
- Merke: Trenne: Innen- und Außenverhältnis, „Dürfen“ und
- „Können“
Prokura ist jederzeit widerruflich, § 52 Abs. 1 HGB
Prokuraerteilung und –widerruf sind vom Inhaber des Handelsgeschäfts zur Eintragung im HR anzumelden, § 53 Abs.1 und 3 HGB
-
Fallabwandlung:
Der Prokurist P bestellt erst 1 Woche nach Anmeldung und Eintragung des Widerrufs im HR die Ware für eine
Millionen EUR. Der Lieferant der Ware, die Y-GmbH, vertreten durch den GF Z sagt, dass sie die Eintragung im Handelsregister nicht kannte. Ändert sich etwas an der
Rechtslage zum Ausgangsfall?
- • Zur Publizität des Handelsregisters
- • Fortsetzung Bedeutung des § 15 Abs. 2 HGB:
Antwort:
- 15 Abs. 2: Tatsache ist eingetragen und bekanntgemacht,
- aber Zeitraum noch in der zwei-Wochenfrist.
- Unkenntnis des Z, schützt die fehlende Kenntnis? Nein, vgl. § 347 HGB
Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns?
Strenger als § 276 Abs. 2 BGB; Kaufmann muss HR anschauen
-
Positive Publizität gem.
§ 15 Abs. 3 HGB:
- Ist eine einzutragende Tatsache unrichtig
- bekanntgemacht, so kann sich ein Dritter demjenigen
- gegenüber, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen war,
- auf die bekanntgemachte Tatsache berufen, es sei denn,
- dass er die Unrichtigkeit kannte.“
-
Fallabwandlung. In unserem Ausgangsfall ist der Widerruf der Prokura im
Handelsregister richtig eingetragen worden, jedoch im
elektronischen Bundesanzeiger und im Tagesspiegel
fälschlicherweise die Erteilung der Prokura bekanntgemacht
worden. Zeitlich nach der Bekanntmachung bestellt P noch
Ware für 1 Mio.
Hat der Lieferant einen Anspruch gegen die X-GmbH auf
Zahlung gegen Lieferung?
- Sie hätte einen Anspruch, wenn die X-GmbH wirksam gem. §164 Abs. 1 BGB vertreten worden ist. Zwar war die Prokura
- wirksam widerrufen (§§ 168 S.3 i.V.m. § 167 Abs. 1 BGB).
- Jedoch kann sich der Lieferant auf die unrichtige
- Bekanntmachung im Handeslregister und der Tagespresse
- berufen, § 15 Abs. 3 HGB.
-
Gewohnheitsrechtssätze:
Fall:
Der Geschäftsführer G der X-GmbH erhält eine
Eintragungsmitteilung des Handelsregister, wonach angeblich
dem Angestellten P Prokura erteilt worden sei. So wird es auch
im elektronischen Bundesanzeiger und im Tagesspiegel
bekanntgemacht. Da G der einzige Geschäftsführer ist, weiss
er, dass das nicht stimmt und hier irgendein Fehler beim
Gericht vorliegen muss, er kümmert sich aber nicht weiter
darum. P bekommt die Eintragung mit, ist stolz und bestellt
Ware in großem Stile. Sind die Verträge wirksam?
- § 15 Abs. 3 ist auf den erste Blick einschlägig, allerdings setzt
- die Anwendbarkeit nach h.M. voraus, dass die Eintragung der
- eintragungspflichtigen Tatsache zurechenbar veranlasst wurde.
- Das ist hier nicht der Fall.
- Allerdings gibt es den gewohnheitsrechtlichen Grundsatz, dass
- derjenige, der eine ihn betreffende falsche Eintragung
- vorwerfbar nicht löschen lässt, dafür haftet.
-
• Welche Register in unserem Rechtssystem kennen Sie?
- Handelsregister
- Grundbuch
- Genossenschaftsregister
- Partnerschaftsregister
- Vereinsregister
- Schiffsregister (See- und Binnenschiffe ab gewisser Länge/Verdrängung und Schiffbauwerke; zentral
- Hamburg)
- Luftfahrzeugregister (zentral in Braunschweig)
-
Funktion des Handelsregister
- VerlässlicheAuskunft(SchutzfunktiondurchPublizität) über die für den Rechtsverkehr mit Kaufleuten wichtigsten Dinge:
- Firma des Kaufmanns/Unternehmens, § 17 HGB, § 19 HGB
Ort der Hauptniederlassung /SitzdesKaufmanns/ Unternehmens,§29 HGB, § 106 Abs. 2 Nr. 2 HGB
- Inländische Geschäftsanschrift (eingeführt durch MoMiG2008),
- § 29 HGB, § 106 Abs. 2 Nr. 2 HGB; § 6 GmbHG, § 37 AktG
- Vertretungsbefugnisse(Prokura),§§48ff.HGB
-
§ 185 BGB Verfügung eines Nichtberechtigten
- (1) Eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter <im eigenen Namen> über einen Gegenstand trifft, ist wirksam, wenn sie
- mit Einwilligung des Berechtigten erfolgt.
- (2) Die Verfügung wird wirksam, wenn der Berechtigte sie genehmigt oder ...
- <> Einfügung von Jakoby
-
§ 164 BGB Wirkung der Erklärung des Vertreters
- (1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm
- zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen
- abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen...
-
Vertretung und Vertretungsbefugnis
- • Handeln im eigenen Namen (Privatpersonen, in eigener Sache tätig
- • Vertretung = Handeln in fremdem Namen! Bedarf zum Schutz des Vertretenen einer „Vertretungsmacht“
• Vertretungsmacht: Differenziere: Können (= Macht) und Dürfen!
-
Vertretung und Vertretungsbefugnis
• Gesetzliche Vertretung und gewillkürte Vertretung
- Gesetzliche Vertretung:
- • §§ 1626, 1629 BGB
- -Eltern vertreten ihre Kinder gemeinschaftlich
• § 125, 126 HGB (OHG),
• § 161 HGB (KG, siehe § 170)
- • §35Abs.1GmbHG
- - Geschäftsführer vertritt die GmBH
-
Gewillkürte Vertretung
Vollmacht
§ 167 Erteilung der Vollmacht
- (1) Die Erteilung der Vollmacht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem
- zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die
- Vertretung stattfinden soll.
- (2) Die Erklärung bedarf nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft
- bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht
-
• Eintragungsfähige/ nicht eintragungsfähige Tatsachen
• Eintragungsfähig
- Beispiele: § 29 HGB, (Firma), § 53 HGB (Prokura), § 106
- Abs. 1 HGB (OHG-Erstanmeldung), §§ 161, 162 HGB
- (KG), §§ 7,8 GmbHG (Erstanmeldung GmbH)
- Nicht eintragungsfähig bspw: Gesellschafter einer GmbH,
- siehe § 40 Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG
-
Handelsregister A
• Personenhandelsgesellschaften: Einzelkaufmann, OHG,KG,
öffentliche Körperschaften und Anstalten
- • Aufpassen in Berlin: alle Nrn. haben hintendran noch ein „B“ zur
- Kennzeichnung für Berlin, das verwirrt am Anfang beim HR „A“,
- Bspw: „eingetragen beim AG Charlottenburg unter HRA 12547B“
-
Handelsregister B
• Kapitalgesellschaften, also insbesondere GmbH und AG
-
Negative Publizität gem. § 15 Abs. 1 HGB:
- „Solange eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache nicht eingetragen und bekanntgemacht ist, kann
- sie von demjenigen, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen war, einem Dritten nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, dass sie diesem bekannt war.“
-
Der Prokurist P der X-GmbH, einem großen Autohaus, hat aus Sicht der Gesellschafter und des Geschäftsführers im letzten Jahr keine gute Arbeit geleistet. Es wurde daher auf
der Gesellschaftersitzung am vergangenen Wochenende beschlossen, die Prokura zu widerrufen. Der GF teilt dem
Prokuristen dies am Montag morgen persönlich mit und macht einen Notartermin für die entsprechende HR-anmeldung für Mittwoch derselben Woche.
Der Prokurist P fühlt sich falsch behandelt und bestellt am Dienstag vor der HR-anmeldung für 1 Mio Ware, wirksam?
- Die Prokura ist eine besondere Art der Vollmacht. Sie wurde am Montag
- wirksam durch den Geschäftsführer gem. § 168 S. 3 i.V.m. § 167 Abs. 1
- BGB widerrufen.
- Das Erlöschen der Prokura wurde jedoch nicht im HR eingetragen. Daher
- kann sich der Lieferant der X-GmbH auf den nicht eingetragenem Widerruf
- der Prokura berufen, die sogen. negative Publizität gem. § 15 Abs. 1 HGB.
Der Vertrag wird als wirksam behandelt!
- Zusatzfrage: Warum formuliert das Gesetz in § 15 Abs. 1 HGB
- „negativ“,...“es sei denn, dass sie <die einzutragende Tatsache> diesem
- (Dritten) bekannt war“ anstatt positiv: „...und dem (Dritten) dies nicht
- bekannt war.“
-
Die Prokura
Erteilung gem. § 48 Abs. 1 HGB
Einzel- oder Gesamtprokura, § 48 Abs. 2 HGB
Große Prokura „incl. Veräußerung und Belastung von Grundstücken“ oder normale Prokura (ohne!!), § 49 HGB
-
Die Prokura
Beschränkung der Prokura Dritten gegenüber unwirksam, § 50
Abs. 1 HGB (interne Beschränkung möglich)
Merke: Trenne: Innen- und Außenverhältnis, „Dürfen“ und „Können“
Prokura ist jederzeit widerruflich, § 52 Abs. 1 HGB
- Prokuraerteilung und –widerruf sind vom Inhaber des
- Handelsgeschäfts zur Eintragung im HR anzumelden, § 53 Abs.
- 1 und 3 HGB
-
Warum formuliert das Gesetz in § 15 Abs. 1 HGB
„negativ“,...“es sei denn, dass sie <die einzutragende Tatsache> diesem
(Dritten) bekannt war“ anstatt positiv: „...und dem (Dritten) dies nicht
bekannt war.“
Antwort Zusatzfrage:
- • Merke: Durch die negative Formulierung verteilt der
- Gesetzgeber die Beweislast:
- Es wird vermutet, dass der Dritte den Widerruf der
- Vollmacht nicht kannte, es sei denn, die GmbH, vertreten
- durch den Geschäftsführer beweisen (zur vollen
- Überzeugung des Gerichts), dass der Widerruf dem Dritten
- bekannt war.
- • Merkeergänzend:Dieh.M.gestattetdemDritten,sich
- alternativ auf die wahre Rechtslage zu berufen: hier § 179
- Abs. 1 BGB (Schadensersatz des P)
-
Zur Publizität des Handelsregisters
• Bedeutung des § 15 Abs. 2 HGB:
- „Ist die Tatsache <richtig> eingetragen und
- bekanntgemacht worden, so muss ein Dritter sie gegen
- sich gelten lassen. Dies gilt nicht bei Rechtshandlungen, die
- innerhalb von 15 Tagen nach der Bekanntmachung
- vorgenommen werden, sofern der Dritte beweist, dass er
- die Tatsache weder kannte noch kennen musste.“
-
Der Prokurist P bestellt erst 1 Woche nach Anmeldung und Eintragung des Widerrufs im HR die Ware für eine Millionen EUR. Der Lieferant der Ware, die Y-GmbH, vertreten durch den GF Z sagt, dass sie die Eintragung im Handelsregister nicht kannte. Ändert sich etwas an der Rechtslage zum Ausgangsfall?
- Zur Publizität des Handelsregisters
- • Fortsetzung Bedeutung des § 15 Abs. 2 HGB:
- Antwort:
- 15 Abs. 2: Tatsache ist eingetragen und bekanntgemacht, aber Zeitraum noch in der zwei-Wochenfrist.
- Unkenntnis des Z, schützt die fehlende Kenntnis? Nein, vgl. § 347 HGB
Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns?
Strenger als § 276 Abs. 2 BGB; Kaufmann muss HR anschauen
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In unserem Ausgangsfall ist der Widerruf der Prokura im
Handelsregister richtig eingetragen worden, jedoch im
elektronischen Bundesanzeiger und im Tagesspiegel
fälschlicherweise die Erteilung der Prokura bekanntgemacht
worden. Zeitlich nach der Bekanntmachung bestellt P noch
Ware für 1 Mio.
Hat der Lieferant einen Anspruch gegen die X-GmbH auf
Zahlung gegen Lieferung?
- Sie hätte einen Anspruch, wenn die X-GmbH wirksam gem. §
- 164 Abs. 1 BGB vertreten worden ist. Zwar war die Prokura
- wirksam widerrufen (§§ 168 S.3 i.V.m. § 167 Abs. 1 BGB).
- Jedoch kann sich der Lieferant auf die unrichtige
- Bekanntmachung im Handeslregister und der Tagespresse
- berufen, § 15 Abs. 3 HGB.
-
Der Geschäftsführer G der X-GmbH erhält eine
Eintragungsmitteilung des Handelsregister, wonach angeblich
dem Angestellten P Prokura erteilt worden sei. So wird es auch
im elektronischen Bundesanzeiger und im Tagesspiegel
bekanntgemacht. Da G der einzige Geschäftsführer ist, weiss
er, dass das nicht stimmt und hier irgendein Fehler beim
Gericht vorliegen muss, er kümmert sich aber nicht weiter
darum. P bekommt die Eintragung mit, ist stolz und bestellt
Ware in großem Stile. Sind die Verträge wirksam?
- § 15 Abs. 3 ist auf den ersten Blick einschlägig, allerdings
- setzt die Anwendbarkeit nach h.M. voraus, dass die Eintragung
- der eintragungspflichtigen Tatsache zurechenbar veranlasst
- wurde. Das ist hier nicht der Fall.
- Allerdings gibt es den gewohnheitsrechtlichen Grundsatz, dass
- derjenige, der eine ihn betreffende falsche Eintragung
- vorwerfbar nicht löschen lässt, dafür haftet.
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