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Relevanztheorie
- Begründet von Sperber/Wilson (1986, 1995, 2004)
- Zentraler Gedanke: Das menschliche kognitive Systemtendiert ständig zu Relevanzmaximierung
- Pragmatik als Modul einer allgemeinen Theorie des Geistes
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Erstes oder kognitives Relevanzprinzip
- Menschliche Wahrnehmung tendiert dazu, Relevanz zumaximieren
- Relevanz = Funktion, die von zwei Faktoren bestimmt wird: Positive kognitive Effekte und Verarbeitungsaufwand
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Der „Relevanz-trade-off“
- A. Wenn andere Dinge gleichwertig sind, so ist die Relevanz eines Inputs umso höher, desto mehr positive kognitive Effekte durch seine Verarbeitung zu einem bestimmtenZeitpunkt erreicht werden können.
- B. Wenn andere Dinge gleichwertig sind, so ist die Relevanz eines Inputs umso tiefer, desto höher der Aufwand seinerVerarbeitung zu einem bestimmten Zeitpunkt ist.
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Drei Haupttypen kognitiver Effekte
- (i) Kontextuelle Implikatur: Eine Schlussfolgerung, die aus einer neuen und einer alten Information zusammen abgeleitet werden kann und weder aus der neuen noch der alten Information abgeleitet werden kann
- (ii) Bestärkung einer bestehenden Annahme
- (iii) Widerlegung und Korrektur einer bestehenden Annahme
- Beispiel: Busfahrer
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Verarbeitungsaufwand
- Beispiel: Der chinesische Austauschstudent Xiaoming willwissen, ob Hugentoblers, seine Gastfamilie, Hunde haben
- Mögliche Antworten:
- A. Die Hugentoblers haben drei Hunde
- B. Entweder haben die Hugentoblers drei Hunde oder Pekingist nicht die Hauptstadt von China
- C. Die Hugentoblers haben drei Haustiere
- -> Kognitives Relevanzprinzip = trade-off zwischen positivenEffekten und Verarbeitungsaufwand
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Kommunikatives Relevanzprinzip - Code-Modell vs. Inferenz-Modell der Kommunikation
- Code-Modell: Unterdeterminierung.
- Bsp.: „Fried eggs should be cooked properly and if there are frail or elderly people in the house, they should be hard-boiled.“
- „Spiegeleier sollten richtig gekocht werden und wenn schwache oder ältere Personen im Haushalt sind, sollten sie hartgekocht werden.“
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Kommunikatives Relevanzprinzip
- Inferenzmodell der Kommunikation: Kommunikation wird erreicht durch das Ausdrücken und erkennen von Intentionen.
- Relevanztheorie: Inferentielle Kommunikation = Ostensiv-inferentielle Kommunikation
- Ostensiv-inferentielle Kommunikation besteht aus: A. Informativer Intention -> Die Intention, eine Hörerschaft über etwas zu informieren und B. Kommunikativer Intention -> Die Intention, die Hörerschaft über die informative Intention zu informieren
- Annahme optimaler Relevanz
- A. Der ostensive Stimulus ist relevant genug, um den Verarbeitungsaufwand zu lohnen
- B. Der ostensive Stimulus ist der relevanteste, der mit den Fähigkeiten und Präferenzen des Kommunikators vereinbar ist
- -> Kommunikatives Relevanzprinzip: Jeder ostensive Stimulus (d.h. eine Äusserung) übermittelt eine Annahme seiner optimalen Relevanz
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Relevanztheoretisches Verstehensverfahren
- A. Folge beim Berechnen kognitiver Effekte dem Weg des geringsten Aufwands. Prüfe Interpretationshypothesen (Disambiguierung, Referenzauflösung, Implikaturen, etc.) in der Reihenfolge ihrer Zugänglichkeit
- B. Hör damit auf, wenn Deine Relevanzerwartungen befriedigt sind
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Explikatur
- Entschlüsselung des expliziten Gehalts einer Äusserung
- = inferentielle Entwicklung der unvollständigen logischenFormen in Äusserungen. Wird vorgenommen bei:
- Disambiguierung
- Auflösung von Referenzbezügen
- Saturation
- Freier Anreicherung
- Ad-hoc-Konzeptbildung
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Implikatur
- Relevanztheoretisch: kommunizierte Annahme, die nur durch pragmatische Inferenz abgeleitet werden kann
- Zwei Arten von Implikaturen: (i) Implizierte Voraussetzung und (ii) Implikatierte Schlussfolgerung
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Implikatur Beispiel
- - Autoverkäufer: Sind sie an einer Probefahrt mit einem Rolls-Royce interessiert?
- - Kunde: Tut mir leid, ich bin nicht an Testfahrten mit irgendwelchen teuren Autos interessiert.
- A. Ein Rolls-Royce ist ein teures Auto. = implizierte Voraussetzung
- B. Der Kunde ist nicht an einer Testfahrt mit einem Rolls-Royce interessiert. = implikatierte Schlussfolgerung
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Grenzen der Analyse
- Bsp.: Einige meiner Freunde sind Veganer.
- A. implizierte Voraussetzung?
- B. implikatierte Schlussfolgerung: Nicht alle meine Freunde sind Veganer
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Unteraufgaben des Verstehensprozesses
- (i) Konstruktion einer angemessenen Hypothese über den expliziten Gehalt (Explikatur) durch Decodierung, Disambiguierung, Referenzauflösung und andere pragmatische Anreicherungsprozesse
- (ii) Konstruktion einer angemessenen Hypothese über die intendierten kontextuellen Annahmen (implizierte Voraussetzungen)
- (iii) Konstruktion einer angemessenen Hypothese über dieintendierten kontextuellen Implikationen (implikatierteSchlussfolgerungen)
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Konzeptuelle vs. prozedurale Bedeutung
- Blakemore (1987, 2002, 2004)
- Konzeptuelle Bedeutung: Trägt Konzepte zur logischen Form eines Satzes bei
- Chinesen, essen, Hunde
Prozedurale Bedeutung: Liefert die Hinweise auf die Art und Weise, wie pragmatische Inferenzen vorgenommen werden sollen.
Bsp.: Wir wollen Frieden, aber sie wollen Krieg
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