Täterschaft

  1. Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme
    • Früher 1 - formell objektiv: eine teilweise Vornahme der Ausführungshandlung ist erforderlich
    • Früher 2 - extrem subjektiv: allein entscheidend ist der Täter-/Teilnahmewille – Widerspruch mit §25 I Var.1 StGB
    • Heute 1 - objektive Tatherrschaftslehre: Zentralgestalt des Geschehens ist der Täter
    • Heute 2 - eingeschränkt subjektive Theorie: ganzheitliche Betrachtung nach Tatinteresse, Umfang der Tatbeteiligung, Wille zur Tatherrschaft
  2. Tatplan bei der Mittäterschaft
    Ist ein bestehender gemeinsamer Tatplan notwendig?
    h.M.: ein gemeinschaftlicher Tatplan ist notwendig, da gemeinschaftlich eine gegenseitige Motivation fordert

    a.A.: ein Beitrag als Solidarisierung mit dem Normbruch reicht aus
  3. Sukzessive Mittäterschaft
    Hinzutreten des Mittäters zwischen Vollendung und Beendigung der Straftat

    Keine Zurechnung von bereits bei Hinzutreten vollkommen abgeschlossenen Handlungen

    Zurechnung von Regelbeispielen
  4. Notwendigkeit der gemeinschaftlichen Tatbestandsverwirklichung
    Streitig, jeweils nach den Modellen von Rechtsprechung und h.L. festzustellen

    BGH: nicht notwendig, sofern die drei Merkmale gemeinschaftliche genug ausgefüllt sind

    Enge Tatherrschaftslehre: Notwendigkeit besteht, da ohne Ausführung die Merkmale nicht erfüllt sind

    Weite Tatherrschaftslehre: Plus bei der Tatplanung kompensiert das Minus bei der Tatausführung; Abgrenzung zur Anstiftung da ein reines Hervorrufen des Tatentschlusses nicht ausreicht
  5. Schmierestehen
    Reicht nur aus, wenn dies als wesentliche risikomindernder Faktor in den Tatplan eingebaut wurde
  6. Alternative Tätigkeit in der Ausführung
    Bsp: T1 wartet an der Hintertür und T2 an der Vordertür, O wird nur von T1 an der Hintertür erstochen
    e.A.: keine Beteiligung an der Tathandlung

    a.A.: Beteiligung, nur wenn wesentliche Mitwirkung nach Tatplan
  7. Fahrlässige Mittäterschaft
    • e.A.: kein gemeinsamer Tatplan, daher §25 II StGB (-), da eigentlich Vorsatz erforderlich ist
    • a.A.: mittäterschaftliche begangene Sorgfaltspflichtverletzung, Bewusstsein des gemeinschaftlichen Handelns und Bewusstsein der Gefahrschaffung
  8. Versuchsbeginn bei Mittäterschaft
    h.M. Gesamtlösung: unmittelbares Ansetzen, wenn allein ein Täter einsetzt

    a.A. Einzellösung: jeder Mittäter muss selbst unmittelbar zur Tatbegehung ansetzen
  9. Exzess – Ausweitung des Tatplans
    • Nur möglich, wenn beide zustimmen: nur kleine Abweichungen vom Tatplan sind gedeckt
    • Bei Erfolgsqualifikationen muss auch dem Mittäter die mögliche Folge klar sein, mindestens muss er fahrlässig gehandelt haben
    • Obejektsverwechslung (error in persona): bei tatbestandlicher Gleichheit der Tatobjekte besteht kein Exzess, sonst schon
    • Aberratio ictus auf T2 (T1 trifft T2 anstatt des Polizisten): T2 hätte seiner eigenen Verletzung nicht zugestimmt, daher Exzess
  10. Mittelbare Täterschaft
    • § 25 I Alt. 2 StGB
    • Der Täter (Hintermann) verwirklicht den Tatbestand durch einen Tatmittler (Vordermann), den er als Werkzeug einsetzt
    • Unterlegene Rolle des Vordermanns und beherrschende Rolle des Hintermanns
  11. Fallgruppen Mittelbare Täterschaft
    • Objektiv tatbestandslos handelndes Werkzeug (Irrtümer im obj.Tatbestand, Selbsttötung durch Motivirrtum: Siriusfall)
    • Unvorsätzliches Werkzeug: fehlender Vorsatz oder Vorsatz nur zu einem minder schweren Delikt
    • Rechtmäßighandelndes Werkzeug: Polizei nimmt jemanden fest, nachdem sie eine falsche Fährte bekommen hat - rechtmäßig handelndes Werkzeug überträgt die Tatherrschaft auf den mittelbaren Täter
    • Schuldloses Werkzeug: geisteskrank, im Verbotsirrtum, im Erlaubnistatumstandirrtum, Nötigungszustand
  12. Vermeidbarer Verbotsirrtum
    • Vordermann handelt in einem vermeidbaren Verbotsirrtum und hat damit kein Strafdefizit
    • Der Vordermann ist strafbar, bekommt aber eine Strafminderung, gem. §§21, 17II, 35 II S.2 StGB
    • z.T.: nur Teilnahme gem.§26 StGB da die Herrschaft völlig fehlt
    • a.A.: mittelbare Täterschaft wegen Ausnutzung
    • BGH: Einzelfallbetrachtung notwendig, Art und Tragweite des Irrtums – mittelbare Täterschaft zumindest, wenn der Hintermann irgendwelche Hemmungsmotive ausschaltet.
    • Katzenkönigfall
  13. Steuerungsprinzip
    • Tatmittler handelt voll verantwortlich
    • Organisationsherrschaft: Mafia, Mauerschützen, teilw. auch verbrecherische Unternehmensstrukturen
    • Voraussetzungen: Austauschbarkeit des Befehlsempfängers, Rechtsgelöstheit des gesamten Machtapparates
    • Bestrafung entweder als Anstifter (wird wie Täter verurteilt) oder als Mittäter (obwohl kein Tatplan besteht)
  14. Dohna-Fall
    T erfährt, dass X ein Attentat auf ihn verüben will. Daraufhin schickt er unter einem Vorwand seinen Feind O an den Tatort. Dort wird O erwartungsgemäß von X mit T verwechselt und getötet. Strafbarkeit des T?
    • e.A.: mittelbare Täterschaft, da Ausnutzung der Tatbereitschaft
    • a.A.: Ablenken der Tathandlung auf ein neues Opfer, womit die Tat zu einer anderen wird – dagegen: hier irrt sich aber der Tatmittler und hat deshalb ein Strafbarkeitsdefizit
    • a.A.: Anstiftung schein besser zu passen
  15. Irrtum des Hintermannes
    • Anstiftung oder mittelbare Täterschaft?
    • Hintermann geht von Anstiftung aus, der Tatmittler handelt aber vorsatz- oder schuldlos – der Hintermann ist daher mittelbarer Täter
    • Hintermann geht von mittelbarer Täterschaft aus, Vordermann ist aber selbst Täter – Rsp: mittelbare Täterschaft, h.L. vollendete Anstiftung
Author
flipp_16
ID
26812
Card Set
Täterschaft
Description
Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme
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